09.06.2016
Müssen sich Google & Co. bald am Ausbau schneller DSL-Anschlüsse beteiligen? Interntkonzerne wie Facebook, Apple, Google, AirBnB, Uber, Amazon oder Zalando verändern schließlich mit ihren digitalen Plattformen die Wirtschaft grundlegend. Nun macht sich die Bundesregierung Gedanken, wie diese Plattformen reguliert werden sollten. Die ersten Ideen stoßen bei der Opposition auf wenig Begeisterung.
Berlin - Das Bundeswirtschaftsministerium will den Unternehmen der digitalen Wirtschaft neue Spielregeln verordnen. In einem in der vergangenen Woche veröffentlichten „Grünbuch Digitale Plattformen“ wird unter anderem die Frage aufgeworfen, wie man Plattformanbieter wie Google dazu bringen kann, einen Beitrag zum Aufbau der notwendigen digitalen Anschlüsse zu leisten, obwohl sie selbst keine Anschlussinfrastruktur („letzte Meile“) besitzen. Damit geht das Ministerium auf die relativ stark regulierten Telekom-Anbieter zu, die sich immer wieder über die ungleiche Behandlung von Internetkonzernen beschwert hatten.
In dem Grünbuch werden zwölf Thesen und 52 konkrete Fragestellungen vorgestellt. Mit ihnen will das Ministerium Ansätze erarbeiten, wie mit den Digitalriesen umzugehen ist. „Was sagen Umsatzerlöse über einen Anbieter aus, dessen Geschäftsmodell im Kern Daten und nicht Entgelte sind?“, lautet eine der Fragen. Und: „Wie lässt sich verhindern, dass sich Märkte aufgrund von Datenkonzentrationen verschließen?“ Unternehmen sollen demnach auch preisgeben, falls sie Produkte gezielt teuer für vermeintlich Wohlhabende machen.
Anfang 2017 sollen dem Ministerium zufolge die Antworten vorliegen. Zwölf Arbeitsgruppen nehmen sich der Themen an. Sie werden mit Vertretern aus der Wirtschaft, der Wissenschaft, mit Gewerkschaftern, Daten- und Verbraucherschützern besetzt. Über die Seite „de.digital“ soll sich aber grundsätzlich jeder einbringen können.
Das Papier regt unter anderem an, dass Kunden per Gesetz erlaubt wird, neben ihrem echten Namen auch eines oder mehrere Pseudonyme in sozialen Netzwerken zu nutzen. Dies steht allerdings im Widerspruch zu einer Forderung von Bundesinnenminister Thomas de Maizière. Der CDU-Politiker hatte zuletzt in der Debatte um anonyme Hasskommentare im Internet eine Art Vermummungsverbot ins Gespräch gebracht.
Neben Regeln will das Wirtschaftsministerium Digitalfirmen laut „Grünbuch“ künftig auch mehr Freiraum geben, so der Bericht. Es werde ausdrücklich gefordert, neue Ideen „nicht durch überbordende Regulierung schon im Keim“ zu ersticken. Der Staat müsse zwar für Datenschutz eintreten, aber er müsse auch die Möglichkeiten eröffnen, „durch Datennutzung neue Geschäftsmodelle und neue Dienstleistungen zu entwickeln“.
Die Veröffentlichung des Grünbuchs stieß bei den Grünen auf scharfe Kritik: „Die neuesten Ankündigungen des Wirtschaftsministers sind ein schlechter Scherz“, erklärten Konstantin von Notz, stellvertretender Fraktionsvorsitzender und Sprecher für Netzpolitik, und Katharina Dröge, Sprecherin für Wettbewerbspolitik. Die Herausforderungen der Wettbewerbspolitik im digitalen Zeitalter seien seit langem bekannt. Thesen und einen Fragenkatalog vorzulegen und Arbeitsgruppen zu gründen, sei „schlicht unzureichend“. „Wenn die Ergebnisse erst Anfang 2017 vorliegen, ist es kaum möglich, in dieser Legislaturperiode noch ein Gesetz durchzubringen», kritisierte die Grünen.
Über das „Grünbuch“ hatten zuerst die „Süddeutsche Zeitung“ und die „Rheinische Post“ berichtet.
Text: dpa/pvg