04.04.2016
In Wohngemeinschaften (WG) wird so einiges geteilt: das Badezimmer, die Küche und nicht zuletzt auch der Internetanschluss mit DSL für alle Mitbewohner. Im Vertrag steht jedoch meist nur eine Person, die üblicherweise auch haftet. Das Landgericht hat sich jetzt jedoch gegenteilig geäußert.
Diese Wertung hat das Zeug, richtungsweisend für weitere Urteile im Bereich des Filesharings zu werden: In einem überraschenden Hinweisbeschluss erklärt das Flensburger Landgericht, dass der Inhaber des Internetanschlusses in einer WG nicht automatisch für andere Bewohner mithaftet.
Filesharing kann strafbar sein und wird mit unter Umständen mit einer Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren oder einer Geldstrafe geahndet. Nicht verwunderlich, dass in einer Wohngemeinschaft, in der mehrere Personen DSL über einen gemeinsamen Internetanschluss nutzen, sich niemand freiwillig dazu bekennt, Filesharing betrieben zu haben. In dem aktuellen Fall, der vor dem Landgericht Flensburg verhandelt wurde (Az. 8 S 48/15), ging es um den urheberrechtlich geschützten Film „The Iceman“, der von dem Bewohner einer WG öffentlich zugänglich gemacht worden war. Der Rechteinhaber forderte deshalb vom Vertragsinhaber des gemeinschaftlichen Internetanschlusses einen Schadensersatz in Höhe von 500 Euro. Das Landgericht wollte den Forderungen des Klägers jedoch nicht nachkommen – ein Novum in der rechtlichen Bewertung ähnlich gelagerter Fälle.
Im vorliegenden Hinweisbeschluss legen die Richter in Flensburg dar, dass allein durch die Gewährung des Zugangs zum Internet kein Rechtsverstoß entstanden sei. Solange nicht damit gerechnet werden müsse, dass ein Mitbewohner illegale Aktivitäten vornehme, sei es sozial angemessen, eine vorhandene Internetverbindung zur Verfügung zu stellen. Im Gegensatz zu Minderjährigen müssten volljährige Mitbewohner weder belehrt noch überwacht werden. Damit stellt das Gericht in Aussicht, dass eine Klage des Rechteinhabers eher wenig Aussicht auf Erfolg hätte.
Mit seinem Hinweisbeschluss weicht das Landgericht Flensburg deutlich von der sonstigen Linie der Rechtsprechung ab, wenn es darum geht, ob ein Anschlusshaber für alle Verstöße haftet, die über seine Leitung erfolgen. Die 8. Zivilkammer geht damit mit dem Bundesgerichtshof (BGH) konform, der die strenge Rechtsauslegung bei Urheberrechtsverletzungen bereits 2012 etwas aufgeweicht hatte, als es um die Haftbarkeit von Eltern ging, deren minderjährige Kinder Filesharing betrieben hatten. Demnach ist der Anschlussinhaber nicht automatisch haftbar, wenn er andere Nutzer benennen kann, die über seine Leitung agiert haben. Dann ist der Rechteinhaber in der Pflicht, den wirklichen Verursacher zu finden.
Unklar ist, inwieweit sich andere Gerichte vom Hinweisbeschluss der Flensburger beeindrucken lassen. Eine allgemeingültige Richtlinie kann zudem nur vom BGH vorgegeben werden.