Geht es nach den Plänen von Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel, soll Deutschland bis zum Jahr 2025 die beste digitale Infrastruktur der Welt aufweisen. Hierfür sind neue Breitband-Technologien notwendig. Vectoring ist eine dieser Technologien. Im Interview mit Andreas Middel, Pressesprecher der Deutschen Telekom, möchten wir klären, warum das Thema so umstritten ist und wo die Vorteile für den Verbraucher liegen.
Wie wir bereits wissen, können mit der VDSL2 basierten Vectoring-Technologie Störfaktoren bei der Datenübertragung reduziert werden. Dies führt zur Erhöhung der Übertragungsrate und somit zu schnellerem Internet.
1.) Wer profitiert von der Vectoring-Technologie? Andreas Middel: Wir als Deutsche Telekom haben angeboten, 80 Prozent aller Haushalte mit Vectoring zu versorgen. Das bedeutet Übertragungsgeschwindigkeiten von 50 bis 100 Megabit pro Sekunde, bald sogar schon bis zu 250. Allein in den so genannten Nahbereichen um die Hauptverteiler würden wir sechs Millionen Haushalte mit superschnellen Breitband-Anschlüssen versorgen, wenn die Regulierung dazu grünes Licht gibt. .. Aber auch unsere Wettbewerber profitieren vom Vectoring-Ausbau: Wenn sie nicht selbst ausbauen, können sie unser Netz nutzen, um ihre Kunden zu bedienen.
2.) Wo kann Vectoring zum Einsatz kommen? Ist es richtig, dass Vectoring kein Mittel ist, um die DSL-Verfügbarkeit im ländlichen Raum zu erhöhen? A. Middel: Grundsätzlich kann Vectoring sowohl in Ballungsgebieten als auch in ländlichen Regionen eingesetzt werden. Und gerade die ländlichen Gebiete profitieren ganz besonders vom Vectoring-Ausbau im Nahbereich. Nach unseren Berechnungen können mit Vectoring drei Millionen Haushalte in Kleinstädten und kleinen, ländlichen Gemeinden mit High-Speed-Internet versorgt werden.
3.) Die Bundesnetzagentur hat grünes Licht für den Vectoring-Ausbau gegeben. Wo wird der Vectoring-Ausbau gestartet und welche Geschwindigkeiten können mit Vectoring erreicht werden? A. Middel: Da muss man unterscheiden: Der Ausbau außerhalb der Nahbereiche um die Hauptverteiler läuft bereits. Für die Nahbereiche läuft der Genehmigungsprozess noch. Wir halten die Entscheidung der Bundesnetzagentur für ausgewogen, allerdings hat die EU-Kommission jetzt angekündigt, die Vectoring-Entscheidung der Bundesnetzagentur einer vertieften Prüfung zu unterziehen. Das verzögert den Ausbau, so dass wir keine konkreten Daten nennen können. Mit Vectoring sind Geschwindigkeiten bis zu 100 MBit/s möglich, mit dem bald folgenden Supervectoring mehr als 250 MBit/s.
4.) Da aus technischer Sicht jeweils nur ein Anbieter pro Verteilergebiet Vectoring betreiben darf, bezeichnen Wettbewerber die Deutsche Telekom nicht selten als Vectoring-Monopolisten. Wie beurteilen Sie Ihre Marktstellung? A. Middel: Der Vorwurf der Remonopolisierung ist Unsinn. Mit Vectoring bieten wir eine Alternative zu den Monopolen der Kabelnetzbetreiber in vielen Regionen. Und im übrigen können die Wettbewerber unser Netz weiterhin nutzen: Wir bieten dafür sogar ein weiteres Vorleistungsprodukt an, mit dem sie ihre Kunden versorgen können.
5.) Kritiker bezeichnen Vectoring auch als „Gefahr für den Glasfaserausbau“. Können Sie diesen Standpunkt nachvollziehen? A. Middel: Vectoring ist Glasfaserausbau, weil wir die Glasfaser näher zum Kunden bringen. Konkret bis an die grauen Kästen – die sogenannten Kabelverzweiger. Sollte das in Zukunft nicht mehr reichen, kann die übrige Kupferleitung weiter verkürzt und durch Glasfaser ersetzt werden. Der Ausbau mit Glasfaser bis in die Haushalte ist übrigens parallel möglich – niemand hindert die Wettbewerber daran, so auszubauen, wenn sie das wirklich wollen. Im Übrigen betreibt die Telekom schon heute mit mehr als 400 000 Kilometern das größte Glasfasernetz in Deutschland. Zum Vergleich: Unser größter Konkurrent hat gerade einmal 50 000 Kilometer Glasfaser verlegt.
6.) Wer trägt die Kosten für den Vectoring-Ausbau? Muss der Kunde für Vectoring-Tarife tiefer in die Tasche greifen? A. Middel: Die Telekom investiert Milliarden, um Deutschland fit für die Digitalisierung zu machen, allein 2016 bis 2018 sind es circa 12 Milliarden Euro. Mit Vectoring bieten wir unseren Kunden das, was sie verlangen – mehr Bandbreite und ein schnelles Netz. Die Preise sind im Telekommunikationsmarkt bisher immer weiter gesunken – und das bei gestiegener Leistung. Die Regulierung muss umsteuern, und mehr Anreize für den Infrastrukturausbau zu bieten.
7.) Abschlussfrage: Wie sehr wird Vectoring die Zukunft des Breitbandnetzes bestimmen? A. Middel: Vectoring ist das Mittel, um Deutschland schnell mit hohen Bandbreiten zu versorgen. Ein flächendeckender Glasfaserausbau bis in die Haushalte würde mehr als 80 Milliarden Euro kosten und bis in die 2030er Jahre dauern. Diese Zeit haben wir nicht, hat Deutschland nicht. Wichtig ist, dass wir beim Breitbandausbau den ersten Schritt zu mehr Glasfaser machen – und das ist Vectoring.
Wir danken Herrn Andreas Middel für dieses Interview.
Über Andreas Middel:
Andreas Middel ist Pressesprecher der Deutschen Telekom AG und seit 2005 im Unternehmen. Zuvor war er viele Jahre politischer Redakteur der WELT. Von der Hauptstadtrepräsentanz Berlin aus leitet Andreas Middel die Unternehmenskommunikation der Telekom in den Schwerpunkten politische Kommunikation und Regulierung.
Die Äußerungen spiegeln die Meinung des Interviewpartners wider und müssen nicht zwangsläufig mit der von PREISVERGLEICH.de übereinstimmen.